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Katze mit Futter oder Spiel locken? Warum das kein guter Weg zum Ziel ist.

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Eine Katze mit etwas zu locken, damit sie etwas unfreiwilliges tut, kann nicht funktionieren, denn die Katze lernt dabei nichts und schon gar nicht nachhaltig! Bei meiner Arbeit als Katzenpsychologin begegnen mir Argumente bzw. Methoden wie „Katzen mit Leckerchen in die Transportbox locken“ oder „Katzen in der Transportbox füttern“ oder „Katzen, die sich nicht mögen, mit Futter zueinander locken“ immer wieder.

Auch wenn ich die menschlichen Intentionen gut nachvollziehen kann, wird recht schnell klar, dass diese Wege oder Methoden NICHT (nachhaltig) funktionieren können, wenn man sich die Perspektive der Katze anschaut.

Ich bleibe mal bei den 3 genannten Beispielen oben: Wenn ich die Katzeneltern genauer frage, ob denn die Katze auch freiwillig in die Transportbox geht, wenn sie nicht mit Leckerchen gelockt wird, lautet die Antwort eigentlich immer nein.
Die gleiche Antwort kommt fast immer, wenn die Katze beispielsweise in der Box gefüttert wird.
Und bei Zusammenführungen ist die Konsequenz sogar noch viel häufiger, dass die Annäherungsversuche durch Locken mit fauchen, knurren oder sogar Angriffsversuchen seitens der Katzen quittiert werden.
An dem Prinzip des Lockens scheint also etwas nicht gut zu funktionieren und diese Aspekte möchte ich in diesem Artikel genauer beleuchten.

Der Begriff "Locken"

In Definitionserläuterungen und Begriffserklärungen findet man Assoziationen wie „ködern“, „anlocken“, „Lockangebot“, jemanden „bezirzen“ und ähnliche Begriffe. Das sind alles Dinge, die in der Regel unfreiwillig bzw. ohne eigene Motivation passieren, sondern immer mit einer gewissen Form des Überredens zu tun haben. Es kommt immer zu einem Konflikt, nämlich dem das Abwägens und der Unfreiwilligkeit.

Locken aus Katzensicht

Nehmen wir als erstes Beispiel die Transportbox, auf die viele Katzen ohnehin nicht gut zu sprechen sind, da sie sehr oft negative Empfindungen damit verbinden, wie z.B. einem Tierarztbesuch.
Versuchst Du nun Deine Katze mit etwas für sie Attraktivem zu locken, wie z.B. einem Leckerchen, entsteht ein Konflikt: Auf der einen Seite hat Deine Katze große Lust auf die Leckerei, auf der anderen Seite ist da diese gruselige Box, mit der sie viel Negatives verbindet. Folge: Sie wird zögern und / oder die Leckerei verweigern.
Die andere Variante ist, dass Deine Katze hocherfreut und fokussiert hinter dem Leckerchen herläuft, welches sich in Deiner Hand Richtung Box bewegt und im letzten Moment erstarrt oder erschrickt, weil sie sich unfreiwillig in oder unmittelbar vor der Box wiederfindet. Folge: Beim nächsten Mal wird sie zögerlicher oder verweigert von Anfang an die „Kooperation“.
Eine dritte Variante ist, dass Deine Katze nach einigen Überwindungen und Konflikten zwar in die Box geht und das Leckerchen annimmt, aber spätestens wenn der nächste Tierarztbesuch ansteht – und bei den sensibleren Katzen reicht schon das Schließen der Tür oder weniger (!) – wird Deine Katze panisch werden oder viel Angst haben und bei einem weiteren Mal nicht mehr mitmachen.

Locken ist also immer ein Konflikt und hat keinen nachhaltigen Lerneffekt!

Und die Sache mit dem Leckerchen hat noch einen weiteren Nachteil. Wenn Deine Katze für den Tierarztbesuch nüchtern sein muss, hast Du ein Problem. Dann funktioniert das Prinzip „mit Futter locken“ nämlich nicht mehr und Du musst gegebenenfalls doch Zwang anwenden.

Am Beispiel von Katzen, die zusammengeführt werden sollen und sich (noch) nicht besonders mögen, haben wir beim Thema Locken den gleichen Effekt bzw. Konflikt. Einerseits die tolle Leckerei, aber andererseits die andere Katze, die so komisch riecht und einen Teil des vertrauten Reviers einnimmt.

Oder eine der Katzen folgt der Leckerei und findet sich im letzten Moment in unmittelbarer Nähe der anderen Katze wieder. Die Reaktionen können höchst unterschiedlich ausfallen, von schnellem Rückzug und Verstecken bis hin zu Angriff ist dem Repertoire kaum eine Grenze gesetzt. Ob das nachhaltig funktioniert und die beteiligten Katzen eine Freundschaft schließen können? Eher nicht – auch wenn ich natürlich schon von seltenen Ausnahmefällen mit positivem Ausgang dieser Variante gehört habe.

Doch wie sonst, wenn nicht mit locken?

Wenn Deine Katze etwas freiwillig tut, dann hat sie gründlich abgewägt und eine bewusste Entscheidung getroffen.
Klar, die Wahrscheinlichkeit von Freiwilligkeit ist in manchen Situationen, wie der verhassten Transportbox, eher als gering einzuschätzen, aber wenn man auch das wieder genau betrachtet, bieten sich hier trotzdem viele Möglichkeiten.
Zu den allerwichtigsten Charaktereigenschaften von Katzen zählt Neugier! Und Neugier beginnt schon mit ganz kleinen Dingen und feinen Nuancen, wie z.B. einem kurzen Hinschauen.

Nehmen wir wieder das Beispiel Transportbox:
Damit Deine Katze die Angst vor der Transportbox verliert und freiwillig reingeht, sollte im ersten Schritt die Box oder Tasche ein dauerhaftes und immer verfügbares Möbelstück sein. Gemütlich ausgestattet mit einem kuscheligen Kissen und an einem Ort in der Wohnung platziert, wo sich die „Höhle“ gut integriert. Mehr zur Auswahl von Transportboxen kannst Du in diesem Blogartikel lesen.
Ist die Transportbox 24/7 vorhanden, verliert sie für Deine Katze mit der Zeit die Assoziation Transportbox = Tierarzt.

Viele Katzen sind auch jetzt noch berechtigterweise skeptisch, zurückhaltend, vorsichtig. Aber sehr wahrscheinlich wird Deine Katze nach einiger Zeit zumindest mal in die Richtung der Box schauen. Der Abstand zur Box ist hier völlig irrelevant! Das können 5 Meter sein, aber auch 30 Zentimeter.
Wenn Du den Moment des Hinschauens gezielt belohnst und Deiner Katze das Leckerchen sogar so gibst, dass sie die Distanz zur Box sogar etwas vergrößern muss, erfährt Deine Katze eine doppelt positive Bestätigung – fürs zur Box schauen UND die kleine Distanzvergrößerung.
Wenn Du dies mehrfach wiederholst und Deine Katze fürs Hinschauen zur Box belohnst, wird sie den Zusammenhang schnell verstehen und mutiger werden. Vielleicht verringert Deine Katze den Abstand zur Box etwas oder sie kann sogar mal entspannt daran vorbeilaufen?
Belohne dieses Verhalten gezielt, denn mit jeder Bestätigung für eigenständige Entscheidungen wird Deine Katze zunehmend mehr Vertrauen gewinnen und lernen, dass von der Box im Grunde keine Gefahr ausgeht. Und irgendwann seid ihr dann auch so weit, dass Deine Katze freiwillig in die Box geht und diese als wunderbaren Wohlfühlort akzeptieren kann.
Diese Form der positiven Verstärkung ist wesentlich nachhaltiger und auch wenn ein Tierarztbesuch anstehen sollte, wird Deine Katze danach die Box weit weniger gruselig finden, als vorher.

Sicher, für diesen Weg ist oft viel Geduld und Zeit nötig, als bei der Variante des Lockens. Dafür ist diese Form des Lernens weitaus nachhaltiger und damit langfristig zielführender.

Hast Du Fragen zum Thema oder brauchst Du Unterstützung beim Transportboxtraining? Oder befindest Du Dich gerade in einer schwierigen Zusammenführung und benötigst Unterstützung? Dann nimm hier Kontakt mit mir auf. Ich unterstütze Dich gerne!

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Kerstin_Hoefkes
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